Wenn ich also die Erfahrung gemacht habe, das ein gut sortiertes Methodenköfferchen, eigene Rituale und Ressourcen Sicherheit bedeuten - und somit ja quasi eine erweiterte
Komfortzone “to go” bedeutet- dann liegt es ja nah, dieses Wissen und diese Hilfe auch mit Blick auf die Kinder und ihre Familien anzuwenden.
Die Kinder und ihre Familien kommen zu uns in die Einrichtungen- sie verlassen also ihr vertrauten Heimathafen und erkunden einen neuen,
temporären Ankerplatz.
Das Bild von einem Hafen und den verschiedensten Gewässern mit unterschiedlichen Möglichkeiten und Anforderungen verbildlich ganz hervorragend die Situation in der
Eingewöhnungszeit.
Was braucht ein sicherer Hafen?
Stellt euch mal einen Hafen vor… nun entstehen schon ganz unterschiedliche Bilder in
unseren Köpfen.
Es könnte eine idyllische Marina mit lauem Lüftchen und entspannter Stimmung sein. Oder aber der Hamburger Hafen zur Hochsaison. Schick und elegant (und stets Gewimmel) am
Anleger für Kreuzfahrtschiffe. Oder eher Frachtschiffcharakter- gut organisiert, groß und geschäftig?
Ein Anleger am See für Tretboote für die ganze Familie oder eher Ausbildungsstätte für Nachwuchstalente im 1er Kajakfahren?
Vielleicht ist das ja mal eine interessante Fragestellung für das Team? “Was macht für mich ein sicheren und einladenden Hafen aus?” “Wie wollen
wir wirken, was möchten wir bieten und wie erreichen wir das?”
So bleibt die Urlaubsstimmung noch etwas erhalten und ihr könnt im Team eure Willkommenskultur reflektieren.
Was braucht also mein Hafen, um einladend und vertrauensvoll zu sein? In jedem Falle spielen Mitmenschen, Geräusche, Umgebung, Gerüche, Beleuchtung und ein gewisses Maß an
Ordnung und Übersichtlichkeit dazu.
Eine sichere Crew, ein freundlicher Kapitän, und selbsterklärenden Hinweise und bebilderte Schilder helfen mir beim zurechtfinden. Lotsen, Bojen, Fahnen und Beleuchtung
helfen, begleiten, unterstützen.
Rettungsringe sind griffbereit.
Da sind sie also wieder- die Rituale, die Struktur, die Klarheit, die Sicherheiten vermitteln…
Im Hafenbecken liegen unterschiedlichste Boote. Flotte Flitzer, die mit Motorkraft und Abenteuerlust möglichst schnell viel erkunden möchten. Stille Segler, die bei idealen
Bedingungen so richtig Fahrt aufnehmen. Ruderboote, die kleinere Runden bevorzugen und häufiger einen kleinen Hilfsmotor benötigen. Sportliche Kanus und gemütliche
Schlauchboote.
Alle ausgestattet mit Rettungswesten, die sie mehr oder weniger häufig in Gebrauch nehmen.
Alle Boote schwimmen im gleichen Wasser- haben aber ganz unterschiedliche Bedürfnisse.
Auch die SeefahrerInnen, die schon länger in unserem Gewässer unterwegs sind, müssen sich neu orientieren. Da sind neue, kleine Boote unterwegs- unsicher und unerfahren. Oder
vielleicht kommen ihnen plötzlich neue, starke Rennboote in die Quere? Segelfreunde werden vermisst, neue Manöver erlernt, die Reichweite der eigenen Strecke
erhöht.
Und wie mag es den Eltern gehen, die am Hafen den ersten Ausflügen zuschauen? Wenn ich mir dieses Bild vor meinem inneren Auge mal genau vorstelle, wird mir wieder einmal
klar, wie wichtig es ist, transparent zu arbeiten.
Stromschnellen und Untiefen gibt es - aber wir als Crew sind segelfest sturmerprobt.
Lotsen, Rettungswesten, Bojen, Nebelhörner, Seekarten und Erfahrungen sorgen für Sicherheit. Um sich davon zu überzeugen, das auch im großen
Hafengewimmel kein Boot untergeht brauchen alle - groß und klein - Zeit um Vertrauen aufzubauen.
Und “Eltern mit ins Boot holen” bekommt so noch einmal eine ganz andere, tiefere Bedeutung. Denn wenn ich sie mitnehme auf die ersten Fahrten in den Booten ihrer Kinder,
können sie sich ein anderes Bild machen als wenn sie am Kai durchs Fernglas gucken.
Je übersichtlicher und strukturierter sich mein Hafen mit seinem Regelwerk, Richtlinien und Hinweisen darstellt, desto einfacher finden sich
alle SeefahrerInnen und Hafenbesucher sich dort zurecht.
Das gilt auch für neue Crewmitglieder. Denn auch erfahrene SeebärInnen mit viel Erfahrung müssen neue Gewässer erkunden und brauchen Bojen, um nicht auf Sand zu
setzen.
Die Eingewöhnungszeit ist immer eine besondere aber auch eine besonders herausfordernde Zeit für alle Beteiligten. Aber sie kann auch prägen und für immer in Erinnerung
bleiben. Ich wünsche euch allen eine schöne Anfangszeit mit bunten und positiven Momenten voller Wertschätzung und Respekt.
PS: Meine Erinnerung vom ersten Praktikumstag ist übrigens eine Beule an der Stirn, da der damals noch kleine Sebastian seinen Unmut über den
wechselnden Ankerplatz mit einer Baulatte kund getan hat. Auch das habe ich gelernt : Manche Emotionen sollte ich buchstäblich nicht zu nah an mich dran lassen ;-)
So, nun verabschiede ich mich mit einem fröhlichen Hupen des Nebelhorns und lasse euch noch eine kleine Koffergeschichte mit Schaf und Esel
da.
“Der erste Tag im Kindergarten”
Vielleicht wird diese kleine Mutmachgeschichte ja zum Ritual in eurer Einrichtung
viel Spaß damit -
Ich wünsche Euch immer eine handbreit Wasser unterm Kiel
Ahoi Eure Mareike